Im Banne des roten Popos

Gibt es etwas Schöneres, als von der Hand der Liebsten geweckt zu
werden, indem sie zärtlich den Saum deines Nachthemdes über deine
Pobacken schiebt und dir dabei ins Ohr flüstert: „Wenn du dich
umdrehst, kann ich dir deinen süßen Arsch versohlen.“ Und natürlich
drehst du dich um und empfängst sehnsüchtig den ersten Hieb der
Klatsche, die auf deinen Hintern niedergeht. Das klatschende Geräusch
und der angenehme Schmerz verschmelzen zu einer Einheit,
die dich nicht nur sexuell erregt, sondern zugleich ein Glücksgefühl
in dir aufsteigen lässt, das fast unbeschreiblich ist. Du genießt den
Schlag mit allen Fasern deines Körpers und freust dich schon auf
den nächsten. Dein Arsch wird heiß und rot, du streckst ihn begierig
der Klatsche entgegen. Dein Körper vibriert. Spätestens beim Wechsel
des Schlaginstruments bringt dich der Rohrstock zur Ekstase. Du
stöhnst und schreist vor Glück. Es ist ein Gesamtkunstwerk dieses
Arschversohlen, oder englisch ausgedrückt: Spanking.
Es entzieht sich fast der Sprache oder der Kritik, wie es im Untertitel
heißt. Wobei ich das Wort „Kritik“ im besten Sinne Kants verwende,
nämlich als radikale Analyse, die keine Vorurteile oder Selbstverständlichkeiten
zulässt. Nichts ist so, weil es einfach so ist. Alles hat
seinen Grund. Die Gründe können komplex sein, verschachtelt, vielschichtig,
subjektiv, objektiv etc. Sie offen zu legen, ist die Absicht
dieses Textes. Allerdings wird es beim Versuch bleiben, weil der Bereich
so komplex ist. Aber ich will ehrliche Antworten geben, soweit
es mir möglich ist. Es werden viele Antwortstränge auftauchen, so
wohl praktischer, wie auch theoretischer Art.
Ich bin weder Arzt noch Psychologe, also werde ich mich diesen
Aspekten des Spankings nicht aus medizinischer Sicht widmen. Vielmehr
bin ich Philosoph, und unsere Zunft behauptet, sich mit allen
Aspekten des Seins, wie wir vornehm das Leben umschreiben, zu
beschäftigen und sie radikal zu analysieren. Dies werde ich mit dem
Spanken versuchen, sowohl aus meiner praktischen persönlichen
Erfahrung heraus, als auch in theoretischer Hinsicht.

Fest steht unzweifelhaft: Spanking bereitet Lust. Es ist eine Form
von Sexualität, bei der sich zwei oder mehr Personen in gegenseitigem
Einvernehmen Schmerz zufügen, in welcher Intensität auch immer.
Wichtig dabei ist festzuhalten: Nur dann kann man von Spanken
sprechen, wenn die Beteiligten gleichrangig sind, wenn ihr Tun
auf gegenseitiger Zustimmung basiert, es freiwillig und nicht in der
Absicht geschieht, den anderen zu verletzen, sondern ihm oder ihr
Lust zu bereiten. Alle anderen Formen des Schlagens, in welcher
Konstellation auch immer, sind dem Gewalt-Bereich zuzuordnen, der
nicht Gegenstand dieser Analyse ist. Keine Frage, dass es auch Gewalt
gibt, aber mit dieser setze ich mich theoretisch nicht auseinander,
weil ich sie, wie auch immer begründet, ablehne.
Damit sind wir auch schon bei einer der Differenzierungen, die
man geistig leisten muss, wenn man sich dem Thema Spanken offen
widmen will. Als aufgeklärter Philosoph lehne ich natürlich willkürliche
Gewalt und erniedrigendes Verhalten gegenüber anderen Menschen
ab; solches widerspricht unserem humanistischen Weltbild,
das die Menschenrechte achtet. Allerdings erschwerte mir diese kulturelle
Barriere – die aber trotzdem zu Recht steht – den Zugang
zum Thema Spanken. Aus mir zunächst unerklärlichen Gründen faszinierten
mich Stellen in der Literatur und in Filmen, die mit Körperstrafen
zu tun hatten, beispielsweise Szenen in Filmen, in den Auspeitschungen
auf einem Piratenschiff vorkamen oder Sklaven, die
mit Rohrstöcken gezüchtigt wurden, entsprechende Sequenzen in
den Romanen „Frühlingserwachen“ oder „Deutschstunde“. Immer
wieder las ich die entsprechenden Stellen, fast magisch angezogen,
ohne zu wissen, warum mich das alles so faszinierte.
Körperliche Strafen, auch deren Androhung, waren für mich keine
reale Erfahrung. In meiner Familie strafte man, falls überhaupt, wie
es in der bürgerlichen Mittelschicht üblich war: mit Beachtungsentzug,
Fernsehverbot oder schlimmstenfalls Zimmerarrest. Natürlich
erzählte ab und zu ein Klassenkamerad, dass er nach einer Missetat
ordentlich den Arsch versohlt bekommen hatte. Aber darüber sprach
man nicht im Detail, und ich hatte auch nie den Wunsch, es erleben
zu wollen. Auch in der Schule war Körperstrafe kein Thema. Nur ein
katholischer Priester verschaffte sich ab und zu schon mal Respekt,
indem er ein Kreidestück auf den Kopf eines schwätzenden Schülers
warf. Das war es dann aber auch schon mit meinen realen Erfahrungen.