Samstag, 20. September 2008

Die elterliche Zucht - Die Entwicklung

Gegegenwärtig ist die körperliche Züchtigung fester Bestandteil in der Erziehung des Nachwuchses. Kinder und Jugendliche in Familien sind die "letzte geschlossene Gruppe" (SPIEGEL Nr. 3/1977), wo Berechtigte schlagen dürfen.

In Deutschland gab es sogar eine Zeit, und zwar das frühe Mittelalter, wo Kinder von Freien nicht geschlagen wurden (Kühn, "Die körperliche Züchtigung" in "Pädag. Studien für Eltern, Lehrer und Erzieher", o.J.), weil nur die "Unfreien", die Leibeigenen, Knechte, der körperlichen Züchtigung unterworfen waren (vgl. Dr. Wrede, "Die Körperstrafen", o.J.)

Das Schlagen der Kinder wurde erst im Laufe des 15. Jahrhunderts "zu einem bewußt eingesetzten Zuchtmittel, das einzusetzen der Erzieher sogar verpflichtet war. Wer sein Kind liebte, hatte es zu züchtigen ... Das Kind mußte geformt werdem, indem ihm Respekt und Ehrfurcht eingerpügelt wurde" (Ch. Hinckeldey, "Justiz in alter Zeit", 1989). Die Birkenrute fand Einzug auch in der häuslichen Erziehung (vgl. Weber, "Rohrstock in Schule und Heim", 1977). Alte Holzstiche, Grimms Märchensammlung und die Literatur vergangener Jahrhunderte bezeugen das Vorhandensein der Rute in jedem guten Haushalt (ebenda). "Durch die Rute - so sagte Martin Luther - erretten die Eltern die Seele ihres Kindes vor der Hölle, denn die Prügel befreien von Sünden. Wer also mit der Rute nicht spare, erziehe seine Sprößlinge zu ordentlichen und braven Leuten" (ebenda). Doch schon im 18. Jahrhundert verdrängte der Rohrstock die immer wieder erneuerungsbedürftige Rute.

Hinweis:
Dieser Artikel wurde im Jahre 1990 verfasst. Mit dem "Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung", das am 08.11.2000 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem § 1631 Abs. 2 BGB, aus dem bis zum 07.11.2000 das Recht der Eltern auf Anwendung körperlicher Züchtigungen hergeleitet werden konnte, geändert. Die Rechtsnorm hat nun folgenden Wortlaut: "Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." Nach der neuen Regelung sind körperliche Bestrafungen in der Erziehung, gleich welcher Art, unzulässig.
Wir weisen daher alle Erzieher ausdrücklich daraufhin, dass mit dieser Website nicht dazu aufgerufen wird, körperliche Bestrafungen zu vollziehen!


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Schläge auf die Hände ("Tatzen")

Durch das "Allgemeine Preußische Landrecht" (ALR) von 1794 wurde die körperliche Züchtigung des Nachwuchses gesetzlich verankert. Abgelöst wurde das ALR mit Wirkung vom 1.1.1900 durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Danach konnte der Vater "kraft des Erziehungsrechtes angemessene Zuchtmittel ... anwenden". Er war somit gesetzlich ermächtigt, seine Kinder bis zur Volljährigkeitsgrenze (21. Lebensjahr) ohne Ausnahme und als Regel mit dem Mittel der körperlichen Züchtigung zu erziehen. Diese Zuchtgewalt war aber zugleich insofern begrenzt, "als die Züchtigung keine die Gesundheit und das Leben gefährdende sein darf, in welchem Falle sie als leichte resp. schwere Körperverletzung bestraft wird" (Dr. Wrede, aaO).

Neben dem bereits erwähnten Rohrstock erfolgte die Bestrafung "in den meisten Fallen" mittels des Riemens, der Gerte, "hier und da mit dem Kantschu, und auf dem Lande mag es oft vorkommen, dass auch der Ochsenziemer in den Dienst der häuslichen Zucht gestellt wird" (ebenda; Kantschu: geflochtene Lederpeitsche mit kurzem Stil, Ochsenziemer: mehrriemige Peitsche mit kurzem Holzstil, in ländlichen Gegenden auch "Ochsenfiesel" genannt). Hinsichtlich der Strafmittel und des Strafmaßes unterlag die elterliche Zucht nicht besonderen Bestimmungen; die Rechtssprechung in Deutschland zog sehr weite Grenzen, "insbesondere auch fragte sie gar nicht darnach, in welchem Verhältnisses Vergehen und Strafe zu einander stehen" (ebenda).


Hiebe mit einer mehrriemigen Peitsche
auf den nackten Hintern der unartigen Tochter

Die aktuelle Rechtslage

Zivilrechtlich bestimmt seit 1.1.1980 das BGB in § 1631 Abs. 2, daß "entwürdigende Erziehungsmaßnahmen" unzulässig sind. Diese Bestimmung hat bei den Eltern für viel Rechtsunsicherheit gesorgt. Dabei sind sich sowohl Rechtssprechung als auch -literatur einig: die körperliche Züchtigung ist auch nach der genannten Änderung des BGB eine zulässige Erziehungsmaßnahme: im "maßgebenden Kommentar zum BGB" wird "dazu vermerkt, daß sich 'inhaltlich (dadurch) nichts geändert habe'. Weiters definiert sogar der Kommentar: 'Maßregeln sind ... körperliche Züchtigungen'" (zitiert aus Pernhaupt, Czermak, "Die gesunde Ohrfeige...", 1980).
Doch schauen wir uns die Rechtslage genauer an:
Die Erziehungsberechtigten haben als Inhaber der Elterlichen Sorge das Recht und die Pflicht, für ihr minderjähriges Kind zu sorgen. Dieses Sorgerecht umfaßt:
- die Sorge für das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge),
- die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge).

Die Personensorge erlaubt den Erziehungsberechtigten "weitgehende Maßnahmen, sei es bezüglich der Bestimmung des Aufenthaltes des Kindes, seiner Schulbildung, seines Umgangs mit Dritten, seines religiösen Bekenntnisses, der Anordnung einer Operation oder medizinischen Eingriffs, der Kontrolle seiner Post (Briefgeheimnis) usw. bis hin zu einem Recht auf körperliche Züchtigung (Züchtigungsrecht)" (Stauner/Schelter, "Jugendrecht von A-Z" - Beck-Rechtsberater, 1987). Zur Durchsetzung dieser Maßnahmen können die Erziehungsberechtigten geeignete Erziehungsmaßnahmen und -mittel anwenden. Hierzu gehören z.B. Ermahnungen und Verweise, Einsperrungen (Arrest), Knapphalten (Entzug von Nahrungsmitteln), Zuteilung zusätzlicher Arbeiten, hartes Lager, aber auch körperliche Züchtigungen (vgl. Palandt, BGB-Kommentar, 44. Auflage 1985, § 1631 Rz. 5 f.).


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Also halten wir fest: "Die körperliche Züchtigung eines Kindes oder Jugendlichen ist für die Inhaber der elterlichen Sorge ... grundsätzlich zulässig" (Stauner/Schelter, aaO). "Die körperliche Züchtigung ist nicht als solche entwürdigend, der Klaps auf die Hand und selbst eine wohl erwogene, nicht dem bloßen Affekt des Elternteils entspringende ('verdiente') Tracht Prügel bleiben nach der Gesetz gewordenen Fassung der Bestimmung zulässige Erziehungsmaßnahme (vgl. Diederichsen, Familien-Rechts-Zeitung 1978)" (zitiert aus Palandt, aaO).

Auch das Strafrecht steht der Anwendung von erzieherisch notwendigen körperlichen Züchtigungen nicht im Wege. Zwar stellt jede körperliche Züchtigung eine Körperverletzung im Sinne des Strafrechtes dar. Aber: Die Rechtswidrigkeit ist aufgrund des elterlichen Züchtigungsrechtes ausgeschlossen (vgl. Creifeld's Rechtswörterbuch, 1976). Strafbar wäre lediglich eine "Kindesmißhandlung" im Sinne des § 223 Strafgesetzbuch (StGB). Körperverletzung ist danach entweder eine körperliche Mißhandlung, d.h. jede unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die Unversehrtheit des Körpers nicht nur unwesentlich beeinträchtigt, oder Gesundheitsschädigungen, die einen Krankheitszustand hervorrufen oder steigern. "Das Schlagen von Kindern wird somit grundsätzlich erlaubt, nur schwerste Mißbräuche, die ... als Körperverletzungen (= Mißhandlungen) zu bezeichnen sind, werden unter strafrechtliche Sanktion gestellt" (Pernhaupt/Czermak, aaO): Strafrechtlich relevant sind hinsichtlich von Körperstrafen in der Erziehung danach "nur besonders schwerwiegende Fälle: Quälerei, rohe Mißhandlung, Gesundheitsschädigung" (SPIEGEL Nr. 30/1975).

Und so wird auch in der Rechtssprechung "fein unterschieden zwischen Kindesmißhandlung und Kindeszüchtigung" (SPIEGEL Nr. 3/1977). Danach sind (verbotene) Kindesmißhandlungen "Fälle, in denen Kinder vom Arzt festgestellte körperliche Verletzungen" (Augsburger Allgemeine vom 10.5.1989) aufweisen, Kindeszüchtigungen dagegen (erlaubte) Erziehungsmaßnahmen wie "häufiges Schimpfen, Schläge und harte Strafen", auch "häufig und unter Zuhilfenahme von Gürtel und Stock" (ebenda).

Und so bestätigen bundesdeutsche Gerichte das Recht der Erzieher auf Anwendung von Züchtigungen, wenn das Kind oder der Jugendliche dabei "körperlich nicht gravierend geschädigt wird" (SPIEGEL Nr. 39/1977). Selbst "schwere Bestrafungen (längere Zeit hindurch dauernde Einschließung, wiederholte oder schwere körperliche Züchtigungen)" (BGB-RGRK, 1964 § 1631 Rz. 7) sowie das "Nacktausziehen, Fesseln, Kurzschneiden der Haare und Festbinden ans Bett" (Münchner Kommentar zum BGB Rz. 21 zu § 1631) dürfen gegen Minderjährige vollstreckt werden. Und so hat der Bundesgerichtshof 1986 eine "wohlverdiente Tracht Prügel" ausdrücklich für zulässig erklärt (SPIEGEL Nr. 18/1990). Denn dem Erziehungsleitbild des BGB sei keineswegs zu entnehmen, daß die "Verwendung eines stockähnlichen Gegenstandes der Züchtigung schon für sich genommen den Stempel einer entwürdigenden Behandlung aufdrückt" (SPIEGEL Nr. 49/1991).


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und die unartige Tochter

Die Züchtigung als gebräuchliche Sitte

Das Grundgesetz billigt den Eltern die von der Sitte übernommenen Bräuche zu (vgl. Weber, aaO). Was ist nun Sitte? "Sitten sind feste Bräuche, entstanden aus den Lebensgewohnheiten einer Gemeinschaft, die innerhalb eines Kulturkreises oder einer Menschengruppe von der Mehrheit der Individuuen akzeptiert und als richtig empfunden wird. Eine lebendige Sitte wird von jedem kritiklos als verbindlich und selbstverständlich hingenommen. Man richtet sich automatisch danach und empfindet sie niemals als unbilligen Zwang. Sitten sind dem einzelnen in 'Fleisch und Blut' eingegangen... So wurden ständig anzuwendende Maßnahmen bei der Erziehung - wie zum Beispiel die Züchtigung des Nachwuchses - zur Sitte... Die Familie als kleinste Zelle im Volkskörper, der Allgemeinheit gegenüber verantwortlich für die Aufzucht der Kinder, wendet die von der Tradition überlieferten Methoden an. Die Sitte der Züchtigung ist zum alteingestammten Recht der Familie geworden, und die Gemeinschaft billigt diesen Zustand" (ebenda). Hävernick (in "Schläge als Strafe", 1964) nennt Sitte die "unumstößliche Selbstverständlichkeit" und sagt, daß "Form und Intensität der 'Schläge' im Rahmen der Familiensitte - und durch diese - absolut auf eine bestimmte Norm festgesetzt" seien. Zur Vermeidung von Verwechslungen definiert er die erzieherischen Körperstrafen im Rahmen geregelter "Sitte" mit der Mißhandlung wie folgt: "Schläge als Strafe. Hiermit bezeichne ich im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich die planmäßig vollzogene Bestrafung durch Schläge auf das Hinternteil, vollzogen sowohl mittels der flachen Hand als auch durch bestimmte Instrumente".

Die Meinung der Eltern zur Züchtigung

Die verschiedensten Umfragen und Untersuchungen nach 1949 ergeben, daß die Züchtigung weiterhin als selbstverständliche Sitte um Rahmen der Familiendisziplin von den Berechtigten praktiziert wird.

Im August 1952 befragte die "Gerichtszeitung" ihre Leser, was sie über die Erziehung im Elternhaus dachten. Die überwiegende Mehrheit (96,6%) der Einsendungen stimmten für die Gleichheit in der Behandlung von Mädchen und Jungen und bejahten die Anwendung von körperlichen Züchtigungen. Das Züchtigungsalter wurde bis zu 18 Jahren vorgeschlagen. Ermahnungen wurden als Neben- bzw. Vorstrafen für die Körperstrafe genannt, Ausgangsbeschränkungen als Zusatzstrafe zur körperlichen Züchtigung.
Untersuchungen von Prof. Hävernick (aaO) aus dem Jahre 1964 ergaben, daß 80 % aller Eltern der Bundesrepublik auf dem Standpunkt stehen, daß Kinder durch Schläge zu bestrafen sind; weitere 18 % waren unter bestimmten Umständen bereit, ihre Kinder zu schlagen.
Nach einer Untersuchung im Jahre 1971 vom Institut für Demoskopie Allensbach akzeptieren Schläge als letztes Mittel 42 % und 28 % halten Schläge für einen notwendigen Bestandteil der Erziehung des Nachwuchses.
In welchem Umfange ist die Züchtigung in Bayerischen Familien Sitte? Hier das Ergebnis: Schläge mit dem Stock erhalten danach 46 % der befragten Schüler und Schülerinnen (Alter 12-14 Jahre), 28 % bekommen Ohrfeigen (Analyse von Prof. Lückert, Leiter des Institutes für Jugendforschung und Unterrichtspsychologie, 1964).
Und Erhebungen in Hamburg, die zwischen 1945 und 1962 gemacht wurden, zeigen eine gewisse Ähnlichkeit der Zahlenverhältnisse: Danach erhalten 80 % Schläge, davon 35 % mit dem Rohrstock (Weber, aaO).
Aus einer Umfrage des Hamburger Instututs GFM-GETAS aus dem Jahre 1988 geht hervor, daß 60 % der Männer und 70 % der Frauen ihre Kinder schlagen.

Die Züchtigung ist also weiterhin eine gebräuchliche Sitte im Rahmen der Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Körperstrafen sind mithin "gesellschaftliches Gemeingut" (SPIEGEL Nr. 3/1977).

Erziehung und körperliche Züchtigung

"Erziehung ist auf der ganzen zivilisierten Welt eine Ausrichtung zur Fügsamkeit" (Pernhaupt/Czermak, aaO). Dabei ist die Züchtigung "im gesellschaftlichen Prozeß zum Bestandteil der Erziehung des Nachwuchses geworden... Mittels ihrer empfindlichen Wirkung soll der Minderjährige im Sinne des gestellten Erziehungszieles beeinflußt werden" (Weber, aaO). Erziehungsziele sind beispielsweise: Gehorsam, Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit, Dienst-/Arbeitswillen, Lernwillen, gute Manieren, Anständigkeit, Anpassung an gesellschaftliche Regeln, respektvolles Verhalten gegenüber Erwachsenen.

Das Verhältnis zwischen Kindern und Erziehern ist ein Erziehungsverhältnis und damit auch "ein Abhängigkeitsverhältnis. Und diese Unterordnung muß vom Kind akzeptiert werden, denn seine Existenz liegt völlig in den Händen der Erzeuger, und dazu gehört auch die Erziehungsform der Züchtigung" (Weber, aaO).

Die Züchtigung soll "einem guten Zweck dienen, nämlich der Besserung und Belehrung des Kindes" (Kraus u.a., "jugend-lexikon erziehung", 1982). Es muß also eine erzieherische Absicht die körperliche Züchtigung rechtfertigen. "Ziele sind Sühne, Besserung (Einsicht), Verhütung" (Knaurs Lexikon).

Mit Vollendung des 18. Lebensjahres tritt die Volljährigkeit ein. Damit endet somit das Züchtigungsrecht des bisherigen Berechtigten. Bis zum 31.12.1974 konnten von Gesetz wegen sogar Heranwachsende bis zum 21. Lebensjahr geschlagen werden.

Auffallend ist, so zeigen verschiedene Untersuchungen, "das bei Knaben die Züchtigung etwa ab dem 16. Lebensjahr kaum mehr praktiziert wird, während Mädchen in diesem Alter noch körperlich gezüchtigt werden" (Weber, aaO). Gerade "die größere Strenge gegenüber den Mädchen von 17 und 18 Jahren ist ... bevorzugt. Sie erklärt sich sowohl aus der Sorge, gegebenenfalls mit größerer Strenge die Mädchen vor amourösen Versuchen zurückzuhalten" (Hävernick, aaO). "Besorgte Eltern glauben gerade Mädchen zu Beginn der Pubertät vor Freunden schützen zu müssen und greifen dabei zum bewährten Mittel von Verbot und Strafe" (Kraus u.a., aaO). So haben Untersuchungen ergeben, daß gerade heranwachsende Mädchen Züchtigungen "durch ihre Eltern besonders häufig ausgesetzt sind" (ebenda).

Rücksichtnahme auf Alter, Gesundheit und seelische Verfassung

"Die Züchtigung muß sich jedoch in jedem Fall im Rahmen des durch den Erziehungszweck gebotenen Maßes halten, also Rücksicht nehmen auf Alter, Gesundheit und seelische Verfassung des Kindes" (Palandt, aaO):

  • Rücksichtnahme auf Alter: "Nur übermäßiges Schlagen vor allem eines Kleinkindes ... kann entwürdigend sein" (Stauner/Schelter aaO). Die Schwere einer körperlichen Züchtigung richtet sich also auch nach dem Alter des Zöglings: "Bei einem kleinen Kind genügt ein leichter Klaps, je größer das Kind wird, desto härter muß die Hand zuschlagen, um eine sichtbare und erfolgversprechende Wirkung zu erzielen" (Weber, aaO);
  • Rücksichtnahme auf Gesundheit: Schwächliche Zöglinge dürfen nicht allzu hart geschlagen werden; bei bestimmten Anlässen, z.B. während und nach einer schweren Krankheit sind Züchtigungen gänzlich zu unterlassen;
  • Rücksichtnahme auf seelische Verfassung: Es gibt viele psychiatrische Zustände, die das menschliche Tun stark beeinflussen und damit die Verantwortlichkeit eines Handelns ausschließen. Es hätte wenig Sinn, hier züchtigen zu wollen.

Die Inhaber des Züchtigungsrechts und die Übertragbarkeit

Das Züchtigungsrecht ist die einer Person zustehende Befugnis, an einer ihrer Zucht unterworfenen Person körperliche Maßnahmen anzuwenden. Und so ist nach geltendem Recht

  • den Eltern ehelicher Kinder (§ 1631 BGB),
  • dem Vormund gegenüber dem Mündel (§ 1800 BGB),
  • den Adoptiveltern gegenüber dem Adoptivkind,
  • der unehelichen Mutter gegenüber dem unehelichen Kind

ein Züchtigungsrecht zugesprochen.

Die Ausübung des Züchtigungsrechts kann von den oben aufgeführten Berechtigten auf folgende Personen übertragen werden:

  • auf Stief- und Pflegeeltern,
  • anderen Hilfspersonen in der Erziehung (vgl. Palandt, aaO) wie Nachhilfelehrer, Hauserzieher, Dienstpersonal, Jugendgruppenleiter, Kindergärtnerinnen, Erzieher usw.

Sofern nichts anderes vereinbart, ist diesen Personen das Züchtigungsrecht der Berechtigten stillschweigend übertragen worden (Stauner/Schelter, aaO).

Ein allgemeines Züchtigungsrecht gegenüber fremden Kindern besteht nicht.

Für den Lehr- und Dienstherrn enthält § 31 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ein Verbot der Anwendung körperlicher Züchtigungen von bei ihm beschäftigten Jugendlichen. Diese Bestimmung wurde in der Rechtsliteratur bereits kritisiert: "Der Wortlaut ist zu eng gefaßt" (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 1987). Es wird daher m.E. richtigerweise "die Meinung vertreten, daß der Auszubildende sich in angemessenen Grenzen das Züchtigungsrecht der gesetzlichen Vertreter des Auszubildenden übertragen lassen" kann (ebenda). Dies ist folgerichtig, denn nach herrschender Meinung ist ein Ausbildungsverhältnis auch ein Erziehungsverhältnis (vgl. Dr. Natzel "Ausbildungspflichten - Erziehungspflichten des Ausbildenden" in "Recht der Arbeit" 1981, 158 ff). Und dazu gehört - neben der Gehorsamspflicht - auch "die Heranbildung ... eines Menschen durch ... Strafe"

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